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Gr�nland: West-Gr�nland mit dem Kajak |
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Ständig
führt meine Fahrt vorbei an bizarren Eisbergen, deren Formen
einem steten Wandel unterliegen. Gut sichtbar sind die früheren
Wasserlinien.
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Oben
zwischen den schroffen, schwarzen Felsen hat sich ein kleines Süsswasserbecken
in der Sonne aufgeheizt. Gerne nutze ich diese Bad als Alternative
zu dem sechs Grad Celsius kalten Wasser des Nordatlantik. Nach einer
sechs stündigen Wanderung kehre ich zurück zum Camp und
stelle fest, dass meine Anwesenheit nicht unbemerkt geblieben ist.
Seit meiner gestrigen Ankunft muss sich diese Nachricht unter den
hiesigen Bewohnern wie ein Lauffeuer verbreitet haben und so warten
an meinem Zelt bereits zahlreiche Vertreter vom Stamm Nematocera.
Diesen etwas kleinwüchsigen Bewohnern der Region ist Gastfreundlichkeit
leider völlig fremd. So fallen diese blutrünstigen Quälgeister
in Schwärmen über mich her. Um den Mücken wenigstens
noch ein Weile zu entgehen, steige ich noch einmal ins Boot um zu
testen wie gut sich das Boot rollen lässt. Nach einigen Versuchen
bin ich zufrieden, drehe noch eine Runde durchs Treibeis und kehre
dann zurück zum Lager.
Qeqertaq -
Von dort führt mich mein Weg Richtung Westen. In Arsivik treffe
ich auf Überreste einer alten Siedlung. Ein alter Friedhof
mit Holzkreuzen deutet auf eine Nutzung dieser Region in jüngerer
Vergangenheit hin. Da es hier auf den Inseln kaum Erde gibt, sind
die Gräber mit Steinen unterschiedlicher Grösse bedeckt.
In einiger Entfernung entdecke ich dann auch ein älteres Grab
mit einigen menschlichen Knochen. Hier wurden grössere Steinen
zu einem Hügel aufgeschichtet in dessen Mitte sich eine kleine
Grabkammer befindet.
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Riesige
Eisberge mit zum Teil über 30 Meter Höhe und mehr als 100
Meter Länge gleiten lautlos den Fjord hinunter. Etwas winzig
komme ich mir in meinem kleinen Kajak vor und bin bemüht nicht
zu nah an die Abbruchkanten zu kommen. |
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Auf
meiner Weiterfahrt kreuze ich einige Tage später den Torssukatak
Fjord an dessen Ende sich ein sehr aktiver Gletscherarm befindet.
Riesige Eisberge von mehr als hundert Meter Länge treiben hier
langsam Richtung Westen. Ein eisiger Wind vom Inlandeis treibt mich
an diesem Tag immer wieder in den Schutz dieser Giganten. Ich bin
froh, dass ich meine Paddelstulpen dabei habe. Denn während
bei Windstille auf den Felsen 30 Grad Celsius keine Seltenheit sind
und einen dann nur die Mücken von einem ausgiebigen Sonnenbad
abhalten, erinnert dieser Wind einen doch schnell daran, dass man
sich hier in der Arktis befindet. Am folgenden Tag erreiche ich
die Siedlung Qeqertaq, das an der Südspitze der gleichnamigen
Insel liegt. Die ganze Bucht ist mit Treibeis angefüllt, durch
das sich unaufhörlich die kleinen Motorboot der hiesigen Fischer
ihre Weg bahnen. Ich selbst lande etwa einen Kilometer nördlich
der Siedlung an, um nicht in der Nacht zu sehr von herumstreunenden
Schlittenhunde gestört zu werden. Nach dem ich das Zelt aufgebaut
habe gehe ich in die kleine Ortschaft, die wie alle Städte
hier aus bunten kleinen Holzhäusern im dänischen Stil
besteht. Das der kleine Supermarkt dieser 100 Seelengemeinde geschlossen
hat stört mich weniger, da meine Vorräte noch sehr reichlich
sind und ich in wenigen Tagen den etwas grösseren Ort Saqqaq
ansteuern will. Die Bewohner sind sehr zurückhaltend und die
allerwenigsten sprechen Englisch. Schliesslich gelingt es mir aber
doch mich bis zur Wäscherei durchzufragen, die über ein
Telefon verfügt, so dass ich zur Beruhigung meines Bootsvermieters
einen Anruf tätige. Da sich in diese Region nur sehr wenige
Touristen verirren ist bei den Bewohnern die wichtigste Einnahmequelle
immer noch der Fischfang und die Jagd auf Robben. Wie in fast allen
Orten gibt es auch hier am Hafen ein Gebäude der Royal Greenland
A/S. Diese Gesellschaft ist der mit Abstand grösste Fischereikonzern
Grönlands und kauft den grössten Teil des Fangs für
den internationalen Markt auf. Darüber hinaus stehen überall
im Dorf Holzgerüste auf denen Fische in der Sonne trocknen,
die aber vor allem als Futter für die zahllosen Schlittenhunde
dienen.
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Viel
Treibstoff lagert hier für die kleine Gemeinde. Denn im langen
Winter ist es sehr
schwierig Treibstoff und andere Güter in diese entlegene Region
zu schaffen.
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Als
ich nach einigen Tagen den westlichsten Punkt meiner Reise, die
Gemeinde Saqqaq erreiche ist mein Treibstoffvorrat so gut wie aufgebraucht.
Da ich es inzwischen leid bin jeden Tag eine halbe Stunde damit
zu verbringen kleine trockene Zweige in der spärlichen Vegetation
für mein Kochfeuer zu sammeln, überlege ich wie ich meinen
Vorrat an Treibstoff für den Rest der Tour vergrössern
kann. Leider habe ich meine zweite Treibstoffflasche am Startpunkt
zurückgelassen. Auch verfüge ich über keine leeren
Glasflaschen die sich hierfür eignen würden. Als ich so
grübelnd von meinem ersten Besuch des kleinen Ortes zurückkehre,
kommt es mir vor wie eine göttliche Fügung als ich nur
etwa 30 Meter von meinem Zelt entfernt eine 1,5 Liter Sigg-Flasche
finde. Der Geruch verrät, dass diese bereits vom letzten Besitzer
zum Benzintransport benutzt wurde. Da sich ansonsten eigentlich
kein Müll in dieser Bucht befindet, und mir die rote Flasche
die offen auf dem Boden lag vorher nicht aufgefallen war, kommt
mir der Gedanke, dass irgendeine geheimnisvolle Macht über
mich wacht. Zu unwahrscheinlich erscheint mir dieser Zufall.
Im hiesigen
Supermarkt fülle ich noch einmal meine Vorräte für
die letzten zehn Tage auf. Da mein Autan langsam zur Neige geht
versuche ich es mit einem Mittel auf der Basis von ätherischen
Ölen. Bei den ersten Tests zeigt sich einmal mehr die Verbundenheit
der Grönländer mit der Natur. Denn auch wenn man dieses
wirkneutrale Mittel aufträgt, bleibt das natürliche Gleichgewicht
für die Insekten ungestört. Sie werden von diesem Mittel
weder belästigt noch vom Stechen abgehalten. Andererseits stelle
ich aber fest, dass sich mein Körper jetzt nach zwei Wochen
etwas an die Plagegeister gewöhnt hat. Die Schwellungen fallen
deutlich kleiner aus und sind auch meistens bereits nach wenigen
Stunden wieder verschwunden.
Sturm an der
Südspitze - Meine weitere Route führt mich bei herrlichem
Sonnenschein zurück nach Osten, vorbei an Qeqertaq und von
dort Richtung Süden an der Küste des Arve Prinsens Ejland
entlang. Die steilen Felswände im Smallesund sind bei Ebbe
reichlich mit Miesmuschelbänken übersät und ich nutze
die Gelegenheit meinen Speiseplan aufzupeppen. Am Eingang zur Langebugt
nutze ich die Gelegenheit zu einem halbtägigen Ausflug auf
den 367 Meter hohen Arna. Von diesem Berg mit zwei fast gleich hohen
Gipfeln geniesse ich die Aussicht über die südlich gelegenen
Inseln bei Ritenbek. Diese alte Walfängersiedlung wurde 1960
von den letzten Bewohnern verlassen. Zahlreiche Gebäude stehen
noch und bieten mit den grossen Kesseln die zum Trankochen dienten
einen Einblick in diese Zeit. Heute wird eines der Gebäude
von Touristen genutzt, die von hier aus Touren zum Angeln bzw. Walbeobachtung
machen. Vergeblich suche ich in den nächsten Tagen immer wieder
die Wasseroberfläche nach dem Atemdunst dieser Riesen ab. An
der Westküste dieser Insel begegne ich nur vereinzelt Eisbergen.
Aber im Westen treiben sie mit dem Nordwind vor der Küste der
Diskoinsel entlang. Ein ungewöhnliches Schauspiel lässt
sich die nächsten Tage beobachten. Durch den feuchten Wind
bildet sich im Bereich der Eismassen Nebel, der aber kaum die Eisberge
selbst überragt. Es ist ein weisses flaches Band, dass sich
vor der Küste der Diskoinsel entlang zieht. |
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Da die Windrichtung
günstig ist, bleibt das Eis und damit auch der Nebel für
mehrere Tage am gegenüberliegenden Ufer. |
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Nach
einigen Tagen erreiche die Südspitze der Insel. Noch immer
herrscht Nordwind und im Osten der Insel packt mich direkt nach
der Spitze heftiger Gegenwind. Ich versuche mich im Windschatten
der Felsen zu halten, aber die Böen ziehen hier direkt an den
schräg abfallenden Felsen herunter. Immer wieder tauche ich
bis zur Brust in die Wellen ein. Das macht mir zwar anfangs viel
Spass, wird aber auch schnell anstrengend. Nach einiger Zeit merke
ich, dass eine der Wellen mir meine wasserdichte Kamera vom Deck
gespült hat. Ich drehe um und nach einigen Minuten sehe ich
sie in der roten Hülle zwischen den Wellen tanzen. Ich kämpfe
mich bis zur letzten Bucht vor. Dahinter verändert sich die
Küste zu steilen Ufern ohne Landemöglichkeit für
die letzten 30 Kilometer. Bei diesem Wetter möchte ich weder
die 30 Kilometer am Stück bewältigen müssen, noch
über den acht Kilometer breiten Atasund queren. Da ich noch
genügend Zeit habe beschliesse ich einfach abzuwarten. Ich
baue mein Zelt in einer kleinen Mulde auf und bin froh, dass ich
ausreichend Abspannleinen dabei habe. Die ganze Nacht knattert das
Zelt in den heftigen Böen. Als ich am nächsten Morgen
aufstehe, stelle ich fest, dass sich zwei der Leinen gelöst
haben. Mein erster Verdacht, dass sich die Heringe im Wind verabschiedet
haben stellt sich als falsch heraus. Die Leinen sind gleich an mehreren
Stellen durchgebissen. Vermutlich habe ich mein Zelt auf dem Wanderweg
eines Fuchses aufgestellt. Zu meinem Glück durchschaute der
Fuchs die Physik des Windes nicht ganz. Er zernagte lediglich Abspannleinen
auf der dem Wind abgewandten Seite. So blieb mir ein mitternächtlicher
Zeltabbau noch einmal erspart.
Nach zwei Tagen
legt sich der Wind und ich kann bei ruhigem Sonnenwetter meine letzten
Kilometer hinter mich bringen. In der Mitte des Atasund treffe ich
auf Silver, der mit einigen Touristen zum Eqip Sermia unterwegs
ist und wir verabreden uns für den nächsten Abend in Ata.
Nach 23 Tagen im Kajak komme ich am nächsten Tag gegen Mittag
in Ata an. Völlig unbemerkt von anderen Leuten entlade ich
das Boot, wasche einige Sachen im nahen Bach und packe langsam zusammen.
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Eine
grosse Höhle haben hier Sonne und Wasser in den Eisberg gefressen.
Ich vermeide es allerdings in den Tunnel hinein zu fahren, denn eine
Drehung oder ein Abbruch des Eises hätten dann wahrlich fatale
Folgen.
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Abends
gegen 22:00 Uhr kommt Silver dann endlich. Jens bringt mich kurz
mit dem Schlauchboot zum Schiff herüber und wir brechen sofort
Richtung Ilulissat auf. Der Wind hatte bereits am Mittag auf Süd
gedreht. An der Südspitze der Insel treffen wir auf dichten
Nebel. Da dies ein deutlicher Hinweis auf Eis in der Region ist,
verlangsamen wir unsere Fahrt. Nach wenigen Metern treffen wir auf
die ersten Schollen. Durch den Nebel ist diese Nacht ungewöhnlich
dunkel. So tasten wir uns im Schrittempo durch die Eisschollen hindurch.
Nach 15 Minuten gibt Silver das Zeichen zum Rückzug. Bei dieser
Sicht würden wir ewig brauchen und ständig riskieren das
Boot zu beschädigen. Wir kehren zurück nach Ata.
Am nächsten
Morgen starten wir früh um sechs Uhr bei herrlichstem Sonnenschein.
Der Nebel hat sich bereits aufgelöst als wir das Eis erreichen.
Auch jetzt kommen wir nur langsam voran. Immer wieder schiebt Silver
mit dem Bug des Bootes die Schollen auseinander um sich einen Weg
zu bahnen. Es ist wohl sehr selten, dass der Wind das Eis vom Isfjord
Richtung Norden treibt. Silver meint, dass er in den letzten 13
Jahren noch nie so viel Eis in dieser Region gesehen hat.
Den folgenden
Tag verbringe ich noch in der Umgebung von Ilulissat auf ausgiebigen
Wanderungen bevor ich dann nach vier Wochen mit schwerem Herzen
meinen Rückflug nach Deutschland antreten muss.
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Letzte Aktualisierung: 19.03.02
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