Impressum
 
  >Startseite >Reportage
erste Seite Seite zurück   1 2   Seite vor letzte Seite  
 
    R e p o r t a g e-S e i t e  1
 
 
 
M e n u e
 
 
 
   
 
   
Reportage: Borneo - Die Nomaden des Dschungels
 
 
 
Christine Trompka
  Autor: Christine Trompka, Fotos: Martl Jung
Reisezeit: August/September 2002.
Diese Tour wurde im Juni 2002 durchgeführt.
 
 
 
 
Borneo: Die Nomaden des Dschungels

Faszinierende Einblicke in des Leben der Penan auf Borneo.

 
 
Blick auf die Pinacles im Mulu Nationalpark. Die spitzen Kalkfelsen wurden vom Regen ausgewaschen. Dieses Phänomen gibt es sonst nur noch auf Madagaskar und Neuguinea.
 
 

Es ist wie ein Traum

Wir h�ren den Nashornvogel, das Wappentier Borneos sein Revier verteidigen. Unser Weg f�hrt uns an W�rgfeigen und Sagopalmen vorbei. Dann �ffnet sich vor uns der Urwald und vier Pfahlbauten der letzten Nomaden Borneos tauchen auf. Doch dahin sollte es ein langer Weg sein...

Wir befinden uns in Sarawak. Um uns erstreckt sich einer der vielleicht sch�nsten Nationalparks dieser zweitgr��ten Insel der Welt. Wir genie�en die Ger�usche und den Duft des jahrtausendalten Waldes. Unter der d�nnen, tropischen Humusschicht verzweigen sich zum Teil unerforschte Tropfsteinh�hlen. Gro�e Teile des H�hlensystems sind begehbar, wir sehen seltene Schmetterlinge wie den Rajah Brooke. Am Eingang der H�hlen wachsen unz�hlige Einblattpflanzen. Oberhalb recken sich 45 Meter hohe Kalksteinnadeln, die Pinnacles gen Himmel. Fünf Millionen Jahre waren n�tig, um diese bizarren Felsformationen aus dem Fels zu waschen. Inmitten des dichten Tropischen Regenwaldes und des Bergregenwaldes liegen der 2.376 Meter hohe Gunung Mulu und der 1.750 Meter hohe Gunung Api [1]. Nach einem Kurztripp zu touristischen Sehensw�rdigkeiten des Mulu Nationalparks, begeben wir uns auf Bruno Mansers Spuren.

 
 
  Ausblick vom touristischen Zentrum in den unberührten Teil des Mulu Nationalparks. Der Gunung Mulu überragt die Bergkette. Er ist bis zu seinem Gipfel von dichtem Regenwald bedeckt.
 
 
 
 

Der Gunung-Mulu-Nationalpark fasst 544 Quadratkilometer. An dessen Rande liegt das kleine touristische Zentrum, doch schon im nahen Penan Dorf Batu Bungan [2] treffen wir an diesem Tag keine >Nasenaffen<, wie wir Europ�er liebevoll genannt werden, mehr. Die noch vor ein paar Jahren nomadischen Bewohner wurden von der Regierung angesiedelt, Nomaden haben in diesem technisch orientierten Land keinen Platz mehr. Jetzt leben sie in Baracken. Aus schlechten Brettern gezimmert erinnern die Pfahlbauten nur noch entfernt an die H�tten aus jungen B�umen, die diese Menschen fr�her beherbergten.

Man begr��t uns freundlich und zur�ckhaltend, Ismail, der einzige Penan des Ortes, der gut englisch spricht und studiert hat ist irgendwo, zumindest nicht hier. Wir zeigen Fotos von fr�heren Besuchen, die Gesichter hellen auf, Erinnerungen werden wach. Mit viel M�he und wenigen Worten Penan k�nnen wir ein Gespr�ch in Gang bringen, ja, es gibt noch Nomaden im Mulu Gebiet, ja, sie freuen sich �ber Fremde und es gibt F�hrer, die uns begleiten k�nnen. Zwei Tage sp�ter haben wir Ismail gefunden und nach freudigem Wiedersehen vermittelt er uns gerne zwei Jungs, die uns zu ihrer im Wald lebenden Familie bringen k�nnen.

Sanft gleitet Ismail mit uns �ber den Sungai Tutoh [3], der 25 PS Motor seines Longboat ist gerade stark genug f�r die Stromschnellen. Was wird der Tag uns bringen? Werden wir wirklich in der Abendd�mmerung die Familie erreichen, wie Ismail vermutet? K�nnen sich die zwei jungen Penanm�nner an unser europ�isches Lauftempo gew�hnen?

 
 
 
Ismail erläutert uns die Sprache seiner Vorfahren: >Wir haben Hunger (eingerolltes Blatt am Ast), wir haben lange gewartet (Blätter am Boden) und sind zum Fischen flussabwärts gegangen (gerupfter Palmwedel am Boden)<. Kerben am Baum zeigen die Anzahl der Penan in der Jagdgruppe an. Der Ast zeigt die Richtung an, in der die Fährtenleger gegangen sind.
 
 
 

Die Sonne l�chelt uns zu und voller Freude legen wir am Ufer an - endlich wieder im Wald! Ismail gibt unseren Guides, mit denen wir uns nicht verst�ndigen k�nnen, die letzten Instruktionen. Wir wollen das >Kampong< [4], die H�tten der Nomadenfamilie m�glichst heute erreichen. Ismail sch�rft seinen Freunden noch einmal ein, dass sie Geduld mit uns brauchen werden. Noch sind unsere Guides sch�chtern, bl�hen erst in ihrem Element auf, sprechen die Sprache der Tiere und kennen die Pflanzen. Die Jungs tragen Blasrohr und Pfeile zum Jagen, Planen als Regendach f�r die Nacht, 15 Kilogramm Nahrungsmittel und einen Wok [5] in ihren stabilen Rattanrucks�cken. Seitlich stecken Macheten, in ihrer Sprache >Parang<. Unsere schweren Rucks�cke tragen wir selbst, Martin allein 15 Kilogramm Fotoausr�stung.

Die Begeisterung endlich auf dem Weg zu den Nomaden zu sein, l�sst uns den Berg vergessen. 800 H�henmeter f�rs Erste, schw�l ist es bei 27�C. Doch wir kommen z�gig voran, schlie�lich dr�ngen wir auf das Ziel. 450 Meter Schlammhang schaffen wir in der ersten Stunde, nach einer zweiten k�nnen wir die >Gipfelschoki< auspacken. Immer wieder die �berreste von verlassenen Lagern, Feuerstellen und abgeernteten Sagopalmen. Wir w�hnen uns in unmittelbarer N�he einer Nomadenfamilie. Die Querung am Grat ohne weiteren Anstieg ist ein Genuss, der Wasserfall nach einem kurzem Abstieg malerisch. Am Abend finden wir uns in einem Tal wieder, keine Nomaden weit und breit. Als wir unser Nachtlager richten, fragen wir unsere Guides mit H�nden und F��en nach den Stunden, die noch vor uns liegen. Sie lachen und zeigen uns neun Finger. Naiv halten wir das f�r einen Witz.

 
 
  Der Penan trägt einen Rattanrucksack mit Parang, Wok und einer Plane für die Nacht. Mühelos findet er seinen Weg über die dicken Wurzeln. Da die Baumkrone im intakten Primärwald so dicht ist, wächst fast kein Unterholz.
 
 
 
 

Als es dunkel wird legen die Penan armdicke St�mme auf ein niedriges Ger�st, um uns vor Krabbeltieren zu sch�tzen. Fluginsekten werden mit rauchigem Feuer in Schach gehalten. �ber eine Stange �ber der Liegefl�che legen wir die Plastikplane aus, sie hat die Palmwedel ersetzt und spart viel Arbeit. Wir haben schlecht geschlafen, als wir am n�chsten Morgen aufbrechen. Zu laut waren die Zikaden [6] und wir m�ssen einsehen, dass unser Zeitplan zu eng geschn�rt ist. Vier Tage sind kurz. Trotz dem gem�tlichen Abend am Lagerfeuer und dem vielen Reis sind unsere M�gen jetzt am Morgen schon wieder leer.

 
 
 
Oft kommen wir an alten Nachtlagern vorbei, der richtige Ort für eine Rast. Die Penan überlassen ihre Lager dem Regenwald. Nach wenigen Monaten ist nichts mehr davon zu sehen.
 
 
 

Unterdessen nehmen wir den n�chsten Berg in Angriff, rechnen beim kleinsten Anzeichen damit, sogleich auf Nomaden zu treffen. Einmal sind es an einem Ast aufgereihte Wildschweinunterkiefer, die auf einen alten Lagerplatz hindeuten. Ein anderes Mal treffen wir auf eine frische Feuerstelle. Jedesmal geraten wir in h�chste Aufregung. Dann beginnen wir die Schrift der Penan zu lesen, auf den Weg gelegte H�lzchen, die symbolisch einen Tierpfad versperren oder eine Abzweigung kennzeichnen. Eingerollte Bl�tter oder Kerben im Baum. Bei so vielen Spuren k�nnen doch Menschen nicht mehr weit sein!

 
 
Anmerkungen
[1] Gunung ist das malaysische Wort für Berg. zurück
[2] Batu ist das malaysische Wort für Fels. zurück
[3] Sungai ist das malaysische Wort für Fluß. zurück
[4] Kampong ist das malaysische Wort für Siedlung oder Dorf. zurück
[5] Der Wok ist die asiatische Version der uns bekannten Pfanne. Er hat in der Regel Schalenform, wodurch der Boden gewölbt ist. Man verwendet ihn hauptsächlich für kurzgebratenes und zum fritieren. Der Wok wird über dem offenen Feuer erwärmt. zurück
[6] Zikaden (cicadina) sind flugfähige Insekten, die zu den homoptera (Pflanzensaugern) gehören. Sie können durch ein spezielles Organ, dem Tymbal, das im wesentlichen aus einer bikonvexen Membrane besteht und am Abdomen (Bauchraum) sitzt, durch Muskelkontraktion Schall erzeugen. Diese Fähigkeit besitzen allerdings nur die männlichen Exemplare. Der Schall ist sehr laut und kann über große Distanzen wahrgenommen werden. Frequenz und Ton des abgegebenen Schalls sind von Temperatur und Tageszeit abhängig. Jede Spezies hat ihre eigene, unverwechselbare Klangcharakteristik. Zikaden erzeugen nachts keinen Schall, sie sind nur während des Tages und in der Abenddämmerung aktiv. zurück 
 
  nach oben Seite zurück Seite vor
Letzte Aktualisierung: 04.05.04
  ©Travel-Fever 2001 bis 2015