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M
e n u e |
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�ber alle Berge - Eine Bolivianische Zeitreise |
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Verloren
in einem Meer aus Gras.
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Rasch
abwärts steigend geraten wir in dichtes Buschland, mit jedem
Schritt hinunter wird es wärmer. Wir setzen uns zu einer kleinen
Rast, die markanten Gesichter meiner bronzefarbenen, mandeläugigen
Begleiter kenne ich schon, ich muß mir jedoch noch die Namen
merken: Pedro Zonco, Juan Bautista, Paolino Guispe. Juan-Carlos Kea
und Braulio Segundino. Jeder schiebt sich eine Bola Cocablätter
zwischen die Backen, dann stehen wir auf und verfallen in jenen berüchtigten
Indianertrab, der Kilometer um Kilometer frißt, dem ein Außenstehender
jedoch nicht lange folgen kann. Aufsteigend gewinnen wir erneut Höhe,
dann durchqueren wir in ständigem auf und ab endloses Grasland.
Es beginnt zu regnen, das mannshohe Gras wird naß und wenn wir
daran entlangstreifen fangen wir das Wasser mit unserer Kleidung auf.
Wir treffen auf Spuren von Schwarzbären, die es hier, wo der
Mensch nur noch selten hinkommt, in großer Zahl gibt. Vorsichtig
sichern die Lamas jetzt nach allen Seiten, ansonsten folgen sie jedoch
brav unseren Kommandos. Der Hang, den wir queren, endet tief unten
im Regenwald. Wir stecken in dichtem Nebel und sehen gar nichts, können
aber deutlich von den Tropen aufsteigende laue Lüfte spüren,
die sich mit von oben kommenden kühlen Bergwinden mischen. Gegen
Ende des Tages erreichen wir einen kleinen Bach, den wir für
unser Lager auswählen. An der Wasserstelle ebnen wir im hohen
Gras mit Schaufel und Pickel einen Platz für die Zelte, den wir
etwas protzig >Marktplatz< nennen. Trotz der Höhe von etwa
3.900 Metern über dem Meer ist es hier bereits bedeutend wärmer,
als im 400 Meter tiefer gelegenen Cocoyo, auf dessen Klima die kalten
Anden großen Einfluß haben. Beim Abendessen prasselt ein
heftiger Regenschauer auf uns herunter, der uns in die Zelte treibt.
Wir legen uns früh schlafen, alles ist feucht. Der Regen dauert
die ganze Nacht über an. |
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Unser neues
Basislager im Grasland. Bevor wir es beziehen können, müssen
wir jedoch erst einmal einen ebenen Platz herrichten. |
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Unser
Basislager steht. Zu diesem Anlass heißen wir - Pedro,
Huan, Braulio, Juan Carlos und Sylvio - die bolivianische Nationalflagge.
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Dieses Lama
hat gerade wieder Bedenken wegen der Schwarzbären. Am liebsten
würde es zu uns ins Zelt kommen. In diesen Augenblicken sind
die Lamas handzahm und benehmen sich auffällig besser als sie
das sonst tun. |
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Morgens
rufen sich irgendwo weit drunten Bären, ein Papagei ist zu hören.
Alles ist feucht. Es hat aufgehört zu regnen, der Himmel ist
zwar bedeckt, wir hoffen aber, daß es aufklart. Unsere Lamas
grasen ganz dicht bei den Zelten, sie spüren, daß Raubtiere
umgehen und fühlen sich nah beim Menschen sicherer. Wir brechen
früh in Richtung einer Ruine auf, die vom Lager aus bereits zu
sehen ist, sie heißt bei den Aymara Guinapi. Da niemand von
uns den Weg kennt verlieren wir viel Zeit mit Suchen. Über Fels
und steiles Grasgelände, fast schon Kletterei, muß vorsichtig
abgestiegen werden. Wir gehen ohne Seilsicherung und passen auf wo
wir hintreten, denn ein Absturz in diesem exponierten Gelände
wäre tödlich. 2.000 Meter tiefer drunten brüllt ein
Puma, seine Stimme klingt dumpf und eindringlich herauf. |
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Zwischen
Basislager und Guinapi: wir suchen uns einen Weg, wo schon lange keiner
mehr ist.
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Nach
zwei Stunden erreichen wir die Ruine, die einst in etwa 4.000 Meter
Höhe auf einem Doppelgipfel hoch über den Tropentälern
erbaut wurde. Wir inspizieren die ganze Festung, um einen Überblick
zu bekommen, haben wir doch vor, so viel altes Mauerwerk mit Schaufel
und Pickel freizulegen wie wir können. Irgendwo müssen wir
anfangen zu graben, bei der Größe der Anlage möchte
man am liebsten kleinlaut zusammenpacken. Ich entschließe mich
für eine handvoll Wohnhäuser, von denen wir uns systematisch
zum Stadtkern, der äusseren Verteidigungsmauer, und dem Weg zum
Haupttor vorarbeiten wollen. Unsere Pickel sausen auf Grassoden nieder,
weggeräumter Dreck, Steine und Grasbüschel fliegen über
die Böschung. Die Motivation der Truppe ist hervorragend, wir
arbeiten wie die Besessenen und kommen schneller voran als ich dachte.
Die Aussicht ist nach allen Seiten hin gewaltig, tiefe Tropentäler
und verschneite Andenberge umgeben die Ruine wie ein aufgeklapptes
Buch. Guimapi wurde an einem strategisch optimalen Punkt erbaut, der
leicht zu verteidigen war. Die Festung ist rundum von leicht einzusehenden,
steil abfallenden Hängen umgeben. Wir finden keine Quelle, aber
Hinweise darauf, daß die Bewohner das Wasser der Regenzeit in
Gräben aufgefangen und zu Zisternen geleitet haben. Noch nie
hat mich eine Erstbegehung in den Anden so tief bewegt, wie der Fund
der ersten Tonscherbe, die ich aus der Erde wühle. Unzählige
Tassen, Teller, dickbauchige Flaschen aus Ton, auch fein gearbeiteter
Tonschmuck kommen ans Tageslicht. Ein Hauch von Vergangenheit weht
mich an. Nachmittags schließt sich die Wolkendecke, es beginnt
zu regnen. Durch die Funde beflügelt hören wir nicht auf
zu graben. Die Hände, die Kleidung, der Hut - alles, selbst die
Unterhose starrt vor Dreck. Aber das ist uns egal, die gute Zusammenarbeit,
schneller Geländegewinn und weitere sensationelle Funde lassen
uns arbeiten wie Maschinen. Braulio entdeckt eine granitene Mörserschale
mit Stößel, wenig später grabe ich eine tennisballgroße
runde Kugel auf Granit aus. Sie diente als tödliche Steinschleudermunition
für Scharfschützen. Um und um drehe ich die Kugel in meinen
Händen, ich finde, daß sie viel zu schade ist, um sie jemand
an den Schädel zu knallen. Nachmittags um fünf Uhr machen
wir uns auf den Rückweg ins Basislager. |
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In der Ruine
Guinapi legen Pedro und Juan Carlos eine Mauer frei. |
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Einer
der von uns freigelegten Eingänge, die in die Ruine Guinapi führen.
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Seltsam
anmutend ist dieser Schädel, den der Autor außerhalb der
Ruine in einer Höhle gefunden hat. |
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Letzte Aktualisierung: 18.01.06
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