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M e n u e
 
 
 
   
 
   
Ost-Gr�nland - Im festen Griff des Packeises
 
 
 
  Doch die extremen Bedingungen fordern bei meiner Ausrüstung nach knapp drei Wochen die ersten Opfer. Durch die starke ultraviolette Strahlung hier in der Arktis, sind die Gummimanschetten meines neuen Trockenanzuges trotz Abdeckungen bereits stark porös geworden. So bekomme ich eines abends beim Ausziehen einen tiefen Riss in meine Halsmanschette. Glücklicherweise führe ich solche Verschleißteile zur Reparatur mit mir und kann am selben Abend das Malheur noch beseitigen. Bei Wassertemperaturen um den Gefrierpunkt könnte sonst eine Kenterung schnell zur Katastrophe werden.
 
  Ohne Ersatzteile hätte der beschädigte Trockenanzug schnell ins Disaster führen können. Bei Null Grad Wassertemperatur droht schnell der Kältetod.
 
 
 
  Je näher ich der offenen Küste komme, umso stärker merke ich die Dünung. Im Strandbereich hat sich vielfach ein Gürtel aus kleinen Schollen gebildet, der durch die Brandung unaufhörlich durchmischt wird. Im Mündungsbereich des Fjordes fehlen inzwischen die Packeisbereiche, die zu Beginn der Reise die Dünung verhindert haben. Auch der Wind hat in den letzten Tagen etwas zugenommen. Als ich in den Hurry Fjord einbiege, treibt mich ein Südwind um sechs Beaufort immer wieder in den Windschatten der kleinen Eisberge, um dort Schutz zu suchen. An der Ostküste finde ich dort einen geschützten Strand und beobachte, nur wenige Meter von meinen Zelt entfernt, eine Gruppe von Schneehühnern in ihrem Sommergefieder.
 
 
 
An der Ostküste finde ich einen geschützten Strand und beobachte, nur wenige Meter von meinen Zelt entfernt, eine Gruppe von Schneehühnern in ihrem Sommergefieder.
 
 
 
 
 
Schon von weitem habe ich den Gletscher, der die Roscoe Bjerge krönt, gesehen. Am
nächsten Tag mache ich mich zu ihm auf. Zahllose Hügelketten aus grobem Geröll überwinde ich, bevor ich nach sechs Stunden vor einem 800 Meter tiefen Abgrund stehe, in dessen Tal sich mehrere Gletscherseen gebildet haben. Im Süden ist bereits in der Ferne der Ort Scoresbysund wieder zu sehen.
 
 
  Zwei Tage später biege ich in die kleine vertraute, aber jetzt eisfreie Bucht des Ortes ein. Die letzten Paddelschläge, bevor ich mein Boot an Land ziehe, erzeugen ein wenig Wehmut. Die Zivilisation hat mich wieder! Nun heißt es, die Ausrüstung möglichst gut zu trocknen und für die Rückreise vorzubereiten.
 
 
 
 
Der größte Teil wandert wieder ins Boot und wird bei der Hafenverwaltung am nächsten Tag für den Rücktransport per Schiff aufgegeben. Nachdem ich die umgerechnet 120 Euro im Postamt bezahlt habe, verschwindet der Gabelstapler mit meinem Kajak im Lagerschuppen des Supermarktes.
 
 
  Die Ankunft in Scoresbysund erscheint mir fast wie eine Heimkehr. Obwohl ich zu Beginn der Reise nur einen Tag hier verbracht habe, scheint mich der größte Teil der Bevölkerung zu kennen. Überall werde ich freundlich gegrüßt, man erkundigt sich nach meiner Tour und lädt mich sogar zu Kaffee und Kuchen ein. Selbst die Kinder scheinen hier nicht die Scheu zu haben, die ich bislang in Westgrönland fast überall erlebt habe. Mit ihren wenigen Worten Englisch kommen sie auf mich zu, fragen mich nach dem Namen und wo ich herkomme.
 
  Während meiner Reise sind mit dem Eis fünf Eisbären in den Ort gekommen. Einer davon musste erlegt werden. Das Fell trocknet auf einem Gestell zwischen den Häusern. Die Eisbärengefahr ist also doch sehr konkret.
 
 
 
 

So erfahre ich viele Details aus dem Leben in dieser Gemeinde. Insgesamt fünf Eisbären wurden während meiner Abwesenheit hier im Ort gesichtet. Einer der Bären musste erlegt werden, da er im Ort die Schlittenhunde angegriffen hatte. Das Fell sehe ich auf einem meiner Rundgänge in der Sonne trocknen. Da zeitweise viel Treibeis in der Bucht war, konnten die Kreuzfahrschiffe für zwei Wochen den Ort nicht anlaufen, was zu schmerzhaften Einbußen beim Touranbieter führte.

Am Vorabend meiner Rückkehr haben die Jäger in einer gemeinsamen Aktion neun Narwale erlegt, die in einer benachbarten Bucht zerlegt und unter allen Bewohnern verteilt wurden. Auch die beiden Inuits,
die mit mir zusammen im Guesthouse abgestiegen sind, haben sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. So sitzen wir abends gemeinsam beim Mattak, der Speckschicht des Narwals, die in mundgerechte Stücke geschnitten, zusammen mit einer würzigen Soße roh verzehrt wird. Da die Haut von der Konsistenz am ehesten mit einer etwa Zentimeter dicken Gummimatte vergleichbar ist, werden hier die vernachlässigten Kiefer des Westeuropäers auf eine harte Probe gestellt. Gemeinsam lassen wir den Abend bei einem Glas Whisky ausklingen und genießen einen der ersten glühenden Sonnenuntergänge des beginnenden Herbstes.

 
  Am letzten Abend gibt es Mattak, die rohe Haut des Narwals. Gewöhnungsbedürftig aber vitaminreich.
 
 
 
 
 
 
Der Sommer und auch meine Reise
geht dem Ende entgegen, und so genieße
ich am nächsten Morgen den letzten Blick
aus dem Flieger über das Meer und die
Eisberge, die mir für kurze Zeit zum
>zu Hause< geworden sind.
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Letzte Aktualisierung: 20.05.08
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