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Schweden/Norwegen: Ein eisiges Vergn�gen
 
 
 
 
 
 
 
 

Das Wetter �ndert sich auch nicht, wenn ich mich dar�ber �rgere, doch was tun angesichts der Tatsache, da� das Wasser in den Schuhen steht, die teure Gore-Tex-Jacke �berfordert ist, wir uns durch Schneematsch w�hlen und vorbeifahrende Autos uns mit Matschduschen begl�cken?

Wir erreichen Svolv�r, mit 4000 Einwohnern die gr��te Stadt der Lofoten, und haben f�r heute genug. Das st�ndige Wechselspiel zwischen Regen und Schnee mit dem allgegenw�rtigen Wind hat uns schnell davon �berzeugt, heute nacht das Zelt zu verschonen und uns in einem Hotel zu erholen. Nach der hei�en Dusche k�nnten wir sofort einschlafen, aber wir wollen uns belohnen. Schon mal Pizza in Norwegen gegessen? Wir haben den gesamten Ketchup zum w�rzen gebraucht. Au�erdem helfen ein oder zwei Bier. Die Atmosph�re der urigen Hafenkneipe entsch�digt jedoch daf�r. Wir unterhalten uns eine Weile mit einem echten >fisherman< auf englisch. Er sagt, da� er jedes Jahr von Januar bis M�rz hier ist, wenn der Kabeljau zum Laichen in norwegische Gew�sser kommt.

Lofoten - das klingt bizarr, nach zerkl�fteten Felsen, Wolkenfetzen. Wir riechen das Meer, sp�ren die Feuchtigkeit und erleben erneut diese gl�cklichen Momente, wenn pl�tzlich, auch nur f�r Augenblicke, die Sonne einen Weg durch den norwegischen Himmel findet.

So wie heute. Bei absolutem Traumwetter - es ist trocken und die Sonne scheint - genie�en wir die sonnt�gliche Ruhe Svolv�rs, erleben den Hafen. Er liegt im Zentrum mehrerer bebauter Inseln, die durch Br�cken miteinander verbunden sind. Allgegenw�rtig sind die Holzger�ste zum Fischtrocknen, die F�hren, die umliegenden Berge. Oberhalb der Stadt kann man ihr Wahrzeichen, die Svolv�r-Gei�, einen bei Kletterern beliebter Felsen ausmachen. Wir radeln weiter in Richtung Westen. Die Stra�e verl�uft durch den R�rviktunnel. Ihren alten Verlauf �ber den Pa� R�rvikskaret kann man im Winter leider nicht nehmen.

Auch Henningsv�r, auf mehrere kleine Inseln verteilt, ist durch Br�cken miteinander verbunden. Den Abstecher zu diesem so typischen Fischerdorf darf man sich nicht entgehen lassen. Den ersten Eindruck des Ortes pr�gt sein Geruch. Kein Wunder - manch Trockengestell ist schon vollbehangen mit Kabeljau, und es gab Zeiten, da wurde hier ein Viertel der gesamten Lofot-Fangmenge angelandet. Wir durchforsten in aller Ruhe diesen beschaulichen Ort, entdecken kleine L�dchen, wundersch�ne Fischerboote und eine Unmenge Rorbuer, die meist auf Pf�hlen im Wasser errichteten Fischerh�tten. Sp�ter essen wir selbstgebackenen Kuchen und trinken Kaffee in einer liebevoll eingerichteten >Cafeteria<. St�hle und Tische sind in verschiedenen Pastellfarben gestrichen, wie in einer Puppenstube - nur riecht es erb�rmlich nach Ziegenk�se.

Im Sommer ist der nagelneue Campingplatz in Lyngv�r sicher ausgelastet, diese Nacht geh�rt er uns allein. Wir �berqueren den Gims�ystraumen auf der 800 Meter langen Br�cke, die Austvag�y mit Gims�ya verbindet und sich nach ein paar Kilometern entlang steiler K�ste dank erneuter Br�cken�berquerung auf der Insel Vestvag�y. Die Ostk�ste entlang auf der Stra�e 815 radeln wir nach Stamsund. Eine Schulklasse hat gerade Unterricht. Wir sind uns nicht sicher, wie das Schulfach wohl hei�t, aber jedes Kind ist bem�ht, den sch�nsten Schneemann entstehen zu lassen.

Angeblich stehen wir jetzt gerade vor der sch�nsten Rorbu-Jugendherberge der Lofoten. Da sich niemand sehen l��t, beschlie�en wir, den nahen Supermarkt zu �berfallen. Gerade packen wir die erstandenen Sachen ein, als wir von einem Journalisten angesprochen werden. Er schreibt einen Bericht �ber den Winter-Tourismus auf den Lofoten und freut sich sehr, nun einen >Kn�ller< zu haben.

Stamsund ist Station der Hurtigroute, des Postschiffs, das auf seiner Fahrt von Bergen nach Hammerfest auch auf den Lofoten Halt macht. So ist am Abend nahezu ganz Stamsund im Hafen anzutreffen, um wieder einmal die Ankunft dieses legend�ren Verkehrsmittels mitzuerleben, das seit dem 17. Jahrhundert lange die einzige regelm��ige Verbindung zu S�dnorwegen war.

Die n�chste �berraschung l��t nicht lange auf sich warten: Bisher einziger Gast in der Jugendherberge ist ein Nordlicht-Fotograf aus Garmisch-Partenkirchen. W�hrend sich T�tensuppen, Brot, Marmelade, K�se und literweise Tee dem Ende zuneigen, tauschen wir Woher, Wohin, Warum der Reise aus. Als die anderen das Eis f�r den Nachtisch besorgen, versuche ich mich beim Feuerholzhacken.

In dieser Nacht erleben wir unser erstes kaltes Feuer - Nordlichter. Urpl�tzlich tauchen sie auf, verharren bewegungslos am Himmel wie aus dem All herabh�ngende Gardinen, geraten in Schwingungen, tanzen, bilden Figuren, Schmetterlingen gleich; verf�rben sich rot und gr�n und verschwinden wieder genauso lautlos, wie sie gekommen sind.

 
 
 
 
 
 
 
 

Das Bollern des Ofens und das rhythmische Platschen von Wasser an die Hausplanken wiegt uns in den Schlaf. Unser Beschlu�, einen kurzen Abstecher nach Ure zu unternehmen, bereuen wir nicht. Zwar sch�tteln wir den nassen, schweren Schnee einige male wie Hunde von uns, doch daf�r entdecken wir die staatliche Fischereifachschule der Lofoten. Dabei werden wir ziemlich aufdringlich von neugierigen Haflingern belagert.

Sp�ter erobern wir uns schwitzend jeden einzelnen der 133 H�henmeter des Hagskaretpasses, werden jedoch mit einer sch�nen Aussicht auf Leknes und einer erholsamen Abfahrt belohnt. Leknes breitet sich als moderner Ort in der Ebene aus und hat so gar nichts von der Atmosph�re der Fischerd�rfer. Als Versorgungspunkt ist es aber willkommen.

Gegen Nachmittag stehen wir staunend am Eingang des Nappstraumentunnelen. Er f�hrt auf 1.750 Meter L�nge direkt unter dem Meer hindurch, verbindet Vestvag�y mit Flakstad�ya. Das Gef�hl f�r Geschwindigkeit geht uns verloren, wir orientieren uns am Ger�usch der Spikes auf dem Asphalt. Irgendwann l��t das surren nach, die R�hre kr�mmt sich nach oben, wir strampeln hoch ans Licht, und uns ist wieder warm.

Das Wetter l��t erneut Schlimmes ahnen. Den folgenden Schneeschauer, gefolgt von einem Regengu�, warten wir kuchenessend in einem Unterstand ab. Diese Situation ist typisch f�r unsere Tour: Zuerst schneit es innerhalb k�rzester Zeit 20, 30 Zentimeter, die durch einen anschlie�enden Regenschauer in Matsch verwandelt werden. Radfahren ist dann nicht mehr m�glich. Man kann nur noch auf den Schneepflug warten, was auch schon mal eine halbe Stunde dauern kann.

Entlang der E 10 um den Flakstadpollen herum gibt es sehr sch�ne Sandstr�nde. Die untergehende Sonne verzaubert Berge und Himmel mit den sch�nsten Farben. Wir m�chten uns morgen noch Nusfjord ansehen, aber heute auch duschen. So nehmen wir die Mehrkilometer nach Ramberg und zur�ck in Kauf. Zu fr�h gefreut: Der Zeltplatz ist geschlossen, aber die Duschr�ume offen und - geheizt. Das soll diese Nacht auch noch unser Gl�ck sein.

Im Windschatten bauen wir unser Zelt auf, doch nachts dreht der Wind. Immer wieder k�ndigen sich mit heftigem Rauschen Sturmb�en an, die �ber uns hinwegrollen. Ob wir den Troll im Selfjord aufgeweckt haben? Wir versuchen zu schlafen, als pl�tzlich unter der Wucht einer B�e das Glasfibergest�nge wegknickt. V�llig entnervt packen wir die Reste und machen es uns in den Duschr�umen bequem. So holen wir uns doch noch die ersehnte M�tze voll Schlaf.

Nusfjord darf man auf einer Inseltour nicht auslassen. Nur noch etwa 75 Menschen leben in dem von der UNESCO zum erhaltenswerten Kulturdenkmal erkl�rten Ort. Gerade im Sonnenlicht wirkt dieses kleine Fischerdorf sehr malerisch mit seinen roten Rorbu-H�tten und dem gesch�ftigen Treiben rund um den Hafen. Auch der Kramerladen aus dem Jahre 1907 ist ein Besuch wert. Sogar der Stockfisch �ber der Kasse scheint noch aus dieser Zeit zu stammen. Hier gibt es alles, was ein Fischerherz begehrt, und Freunde von Antiquit�ten werden beim Anblick der 90 Jahre alten Ladenausstattung und der Registrierkasse vor Begeisterung aus dem H�uschen sein.

Wir sind inzwischen wieder auf der E 10 Richtung S�den unterwegs. Am Selfjord fahren wir mit einem Fischkutter um die Wette - mal sind wir vorn, dann wieder er. Unentschieden geht die Wettfahrt zu Ende, als sich unsere Wege trennen. Die Berggipfel von Moskenes�ya, der letzten Lofoteninsel, werden immer h�her, erscheinen uns so gewaltig, da sie direkt am Fu� der Stra�e beginnen. Wir zweigen nach Sund ab, einem der �ltesten D�rfer auf den Lofoten. Erw�hnt wurde es erstmals um 1500 und ist vor allem wegen des Fischereimuseums und der Kunstschmiede bekannt.

Nachdem die im Winter oft gesperrte Stra�e entlang der steilabfallenden Ostk�ste den Kirkefjorden erreicht, begr��t uns eine Kolonie Dreizehenm�ven. Sie wohnen hier dicht an dicht auf mehreren Vogelfelsen am Ortseingang von Hamn�y. Auch auf jeder Stra�enlaterne residiert eine riesige M�ve. Beeindruckt davon landen wir bei einer Lehrerin, die neben ihrem Beruf ein Puppenmuseum, einen Antiquit�tenladen und eine Rorbu-Vermietung betreibt.

 
 
 
 
 
 

Nach einem Anruf beim Kapit�n des F�hrschiffes, das uns am n�chsten Tag nach Bod� bringen soll, stellt sich heraus, da� wir entweder in einer halben Stunde oder erst �bermorgen fahren k�nnen. Also ein Tag Urlaub mehr - eine Nacht in Rorbu winkt. Das sollte man sich auch nicht entgehen lassen. Im Sommer werden diese kleinen Pfahlh�tten an Touristen vermietet, w�hrend sie im Winter, also zum Lofot-Fischfang, ihrer eigentlichen Aufgabe gerecht werden und den aus der ganzen Provinz Nordland jedes Jahr anreisenden Fischern als St�tzpunkt dienen. Wir st�bern durch jeden Winkel des Hauses, bestaunen die Einrichtung, den alten Ofen, die Betten und richten uns schlie�lich h�uslich ein. Da unser Abendessen wieder �ppig ausf�llt, �berlegen wir, wie wir wohl in diesen kleinen >Schlafboxen< die Nacht �berstehen sollen. Ab 1,60 Meter gibt es ein Problem, wie wir feststellen. Gut f�r denjenigen, der zusammengefaltet zu schlafen vermag. Kaum vorstellbar ist daher f�r uns, da� sich einst zwei bis drei M�nner je eine der Bettkojen, die direkt unter der Decke angebracht sind, teilen.

Wie die Bewohner der Lofoten vor Hunderten von Jahren kommen auch wir auf den Geschmack der Moltebeere in Form von Joghurt und Marmelade. Dazu gibt es Pfannkuchen und Rosinensemmeln - nat�rlich mit Kardamom gew�rzt (dieses Gew�rz ist so ungef�hr �berall drin, doch Gew�hnung ist alles). �ber mehrere kleine Inseln erreichen wir auf der anderen Seite des Fjords Reine, das zum sch�nsten Ort Norwegens gek�rt wurde. Wer in einem kurzen sonnigen Moment das Gl�ck hat, tief in den Kirkefjorden mit seinen bizarren Felsspitzen hineinzublicken, kann diese Entscheidung verstehen. Heute brauchen wir uns nicht mehr anzustrengen - die einfache Strecke nach � betr�gt nicht mehr als zehn Kilometer. Wir sehen uns deswegen Reine genauer an. Wer es nicht bis auf die Lofoten schafft: Dieses Fischerdorf ist in >Legoland< in D�nemark und >Madurodam< in Holland nachgebaut.

In Moskenes notieren wir uns die Abfahrtszeit der F�hre, und nach weiteren f�nf Kilometern sind wir am ziel der reise angelangt, am Ende der Stra�e 19 in �. �, das ist der letzte Buchstabe des skandinavischen Alphabets und auch der letzte noch bewohnte Ort an der S�dspitze der Lofoten. Hier scheint die Welt zu Ende zu sein, mindesten jedoch die Stra�e, die sich hinter dem Fischereimuseum zwischen den wenigen H�usern verliert.

Schlie�lich ist der Augenblick des Abschieds gekommen - wir stehen an der Reling, die Berge werden winziger. Langsam sp�ren wir den Klo� im Hals - das ist nicht nur der Abschied, sondern auch das Schaukeln des Vestfjords. Nach vier Stunden geht es uns um einige schlechter, aber daf�r ist auch wieder fester Boden unter den F��en.

Wir sind m�de, ausgelaugt von der Anstrengung der vergangenen zwei Wochen und dem extremen Klima. Zwei Tage haben wir Zeit, auf der Zugfahrt, die uns nach hause bringt, zu entspannen.

 
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Letzte Aktualisierung: 30.03.01
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